von Vivienne – März 2005
A Schalal Kaffee…
Der Mensch braucht ein Laster. Und selbst Ihre Vivienne, liebe Leser, die sich bisher dem Glimmstängel wie dem Alkohol erfolgreich verweigert hat, gibt sich einem Lebenselixier hin, das zwar alles andere als gesund ist, dem sie aber mit Haut und Haaren verfallen ist: den Kaffee, am liebsten goldgelb, mit Mich und Zucker. Drei bis vier Tassen (1/4l Becher wohlgemerkt) brauche ich sicher am Tag, obwohl ich die gesundheitliche Problematik sehr wohl kenne: Kaffee entwässert stark, also muss man zu jeder Tasse Kaffee dem Körper zusätzlich Wasser oder Kräutertee zuführen. Aber das tue ich auch relativ konsequent, als gesundheitsbewusste Jungfraugeborene.
Wenn ich mich erinnere, wie ich zum Kaffee trinken gekommen bin, dann fast wie die Jungfrau zum Kind. Ich habe mein halbes Leben nur Tee getrunken, erst in einer Firma vor dreizehn oder vierzehn Jahren kam ich auf den Geschmack. Ich war in diesem Unternehmen auch für die Bestellung und Wartung der Kaffee- und Milchbestände zuständig, und dort gab es den besten Kaffee der Welt, wie ich heute noch mit Überzeugung sage: Eduscho, Gala Nr. 1. Überspitzt formuliert könnte man durchaus sagen: das ist ungefähr vergleichbar, als wenn man von einem Spitzenliebhaber in die Geheimnisse der Liebe eingeweiht wird. Ich bin auch seither von diesem Laster nicht mehr losgekommen
Natürlich bin ich in erster Linie ein Genusstrinker. Es gibt nichts Schöneres, als wenn ich am Wochenende oder auch unter der Woche, wenn ich später zum Arbeiten anfange, zum Frühstück ein Häferl Kaffee und ein Stück Brot oder eine Semmel essen kann. In aller Ruhe, ohne Stress und ohne Zeitdruck. Allerdings trinke ich auch gerne Kaffee, wenn ich müde bin oder der Kreislauf angeschlagen ist. Mit wechselndem Erfolg, muss ich zugeben, bisweilen belebt mich der Kaffee, ein anderes Mal werde ich noch müder von dem Getränk. Fachleute bestätigen diese Erfahrung: Kaffee belebt nicht sondern verstärkt den allgemeinen Zustand, entweder bleibt man hellwach oder man wird noch müder
Ich selber benutze trotzdem Kaffee immer wieder gerne als Energiekick. Und ich bilde mir sogar ein, dass ich vom Genuss kreativer werde und außerdem schießen mir dann im wahrsten Sinn des Wortes die Ideen verstärkt ein. Mein Schwager Wolfi, seines Zeichens gestresster Informatiker, beobachtet dasselbe Phänomen, wenn er zur Zigarette greift. Er entspannt sich im Job mit einer Zigarette und gleichzeitig hat er jedes EDV-Problem fest im Griff. Mag sein, dass ich mich (so wie er von der Zigarette) dadurch psychologisch abhängig mache vom Kaffee, aber bei mir sieht es trotzdem so aus, dass ich den Arbeitstag mit einem Häferl des goldgelben Getränks beginne und auch daheim, wenn ich am PC sitze und etwa wegen eines neuen Beitrags überlege, habe ich mir dieses Lebenselixier sicher vorher schon zugeführt.
Mein bevorzugter Kaffee ist im Grunde ein Häferlkaffee oder ein Hauskaffee: viel Milch, Milchschaum und Zucker nach Belieben. Zuletzt habe ich aber auch immer wieder gerne andere Kaffeesorten ausprobiert. Eine Melange zum Beispiel, oder hin und wieder ganz besonders gern einen Capuccino mit viel Schlagobers. Der Kaffeegenuss bringt es mit sich, dass man auf Kuchen oder Torte dazu ungern verzichtet, womit er indirekt auch ein potentieller Dickmacher ist. Ich kann nur bestätigen, dass beim Kaffee ein Stück Torte oder Biscuit-Roulade leider besonders gut schmeckt. Aus dem Grund versuche ich, mir dieses spezielle, kombinierte Vergnügen nur ab und an zu gönnen, um es möglichst in Einklang mit meiner zuwachsbereiten Figur zu halten.
Kaffee ist nicht übermäßig schädlich, ganz im krassen Gegensatz zu Zigaretten oder Alkohol. Wie schon oben angeführt verwöhnt ein Glas Wasser zu jedem Häferl die Nieren und in einem exquisit geführten Kaffeehaus bekommt der Gast dieses ohnehin zu jeder Schale unaufgefordert dazu. Also auch eine probate Methode um festzustellen, wie gut das Lokal ist, das man gerade besucht. Ein gutes Kaffeehaus erkennt man auch daran, ob es eigene Raucher- und Nichtraucherzonen gibt. Vom Geschmack des Kaffees selber erst gar nicht zu reden: es gibt immer wieder schauderhaften Kaffee, bisweilen gerade in jenen Konditoreien, die selber den teuersten Kaffee gemahlen verkaufen, ihn aber ihren Gästen vorenthalten.
Kaffee trinken beinhaltet für mich auch eine gewisse Lebensphilosophie, vor allem wenn ich Zeit und Muße habe dafür. Es kommt mir dabei nicht vorrangig auf die Menge an, sondern ganz speziell auf den Genuss dabei. Der Kaffee, den ich privat trinke, ist nicht billig, aber das ist er mir wert. Wenn ich mir guten Kaffee nicht mehr leisten kann, verzichte ich lieber ganz darauf
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