Meinungsforscher haben nicht nur in Vorwahlzeiten Hochsaison. Auch wenn sich diese im Super-Wahljahr 2004 nicht über mangelnde Herausforderungen beschweren könnten, machen auch regelmässig Meinungsumfragen zu gesellschaftspolitischen Themen die Runde. Die Umfragen über das Meinungsbild der Jugendlichen gehört zu jenen, die auch immer wieder gerne von den Medien aufgegriffen werden.
So erfuhr man bei der letzten Jugendumfrage etwa, dass sich nur 5-10% der Jugendlichen für Politik interessieren, auch Jugendorganisation lägen mit 11% in Argonie. Obwohl ich die Trends nicht bestreiten will, möchte ich mir aber auch erlauben derartige Umfragen kritisch zu hinterfragen. Tendenziös und oberflächlich gestellte Fragen bringen oberflächliche Ergebnisse. Wenn man die Jugend etwa zu Themen wie Menschenrechte, Bildungspolitik, Gleichberechtigung oder Umweltschutz befragen würde bekäme man schon ein anderes Bild präsentiert. Die Jugend interessiert sich sehr wohl für gesellschaftspolitische Entwicklungen, lediglich die politischen Entscheidungsträger stoßen auf Ablehnung.
Wem mag das besonders verwundern. Ursachen dafür kann man wohl etwa in den Aussagen von öffentlichen Repräsentanten, wie ÖVP-Vizechefin Liesl Gehrer finden, die vor wenigen Monaten die Jugend als zu „partylastig“ sah oder den Salzburger WK-Präsident Buemberger, der der Jugend pauschal „Faulheit“ unterstellte. Auch ergab die Umfrage unter den 15- bis 19-jährigen eine klare Ablehnung zu der Forderung aus gewissen politischen Reihen, das Wahlalter auf 16 abzusenken. Offenbar sehen die Betroffenen keine realistische Chance das politische Umfeld zu ihren Gunsten zu verändern oder aber sie sind durch so manche politischen Repräsentanten schon dermassen angewidert, dass es einfach als „uncool“ gilt sich mit dem politischen System auseinanderzusetzen.
Weiters offenbarten Jugendumfragen in Österreich wie auch in Deutschland, dass drei von vier Elf- bis 29jährige der Überzeugung seien, dass sie zwar Pensionen einzuzahlen hätten, selbst aber keine Pensionen mehr bekämen. Auch dieses wortwörtlich so wiedergegebene Umfrageergebnis kann ich so nicht hinnehmen. Kein Mensch bestreitet, dass die demografische Entwicklung für unser auf den Generationenvertrag basierendes Pensionssystem ungünstig ist. Dies erfordert Maßnahmen, die teilweise schon eingeleitet wurden, aber auch in der Zukunft notwendig sein werden. Wünschenswert wäre hier lediglich, dass diese Reformen auch auf sozialpolitischen Grundlagen und nicht auf Klientel-Politik (Stichwort „Harmonisierung“) basieren sollten.
Jugendforscher Heinzlmaier spricht in diesem Zusammenhang aber von einem „Megatrend der Selbstsozialisation“ – eine Formulierung die eigentlich beste Chancen auf das „Unwort 2004“ haben müsste. Denn dass es über Eigenvorsorge alleine möglich sein sollte, für eine menschenwürdige Alterssicherung zu sorgen muss wohl auch angezweifelt werden. Und die betriebliche Vorsorge ist trotz „Abfertigung Neu“ äußerst schwach ausgeprägt. Trotzdem wird die Versicherungsbranche mit derartigen, nicht immer ganz seriösen Umfrageergebnissen, ihre helle Freude haben.
Aber auch andere Ergebnisse liefern uns die Meinungsforscher: Freunde haben in der Wichtigkeit (~90%) längst der Familie (~60%) den Rang abgelaufen. Als glaubwürdig werden dementsprechend von der Jugend in erster Linie verständlicherweise Gleichaltrige, aber auch Promis aus der Medien- und Pop-Kultur wahrgenommen. In Österreich sind das etwa Harald Schmidt, Stefan Raab und Hermann Maier. Allen drei Herren möchte ich ihre Leistungen in ihren jeweiligen Gebieten keinesfalls absprechen, was das Arbeiten im Show-Business oder sportliche Leistungen aber mit Glaubwürdigkeit zutun haben, verstehe ich dennoch nicht ganz.
Wahrscheinlich bin ich aber ohnehin etwas untypisch für das Umfrageergebnis, wobei ich auch nicht mehr der abgefragten Altersklasse (bis 29) angehöre. Auch wenn ich mit unseren politischen Repräsentanten nicht wirklich stets glücklich bin, würde ich mich dennoch als politisch interessiert bezeichnen, kaum wohl würde ich sonst eine politische Kolumne in der Bohnenzeitung betreiben. Und mit Idolen hatte ich schon oftmals so meine Probleme – vor allem wenn sie als Idole der breiten Masse, die dem Trend entsprechen, gelten.
Pedro